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Das „Heiligtum“ meldet die nächste Bestmarke

1509 Starter beim 31. Mühlener Silvesterlauf / Katharina Stark feiert ihren vierten Sieg in Serie – und das mit neuem Streckenrekord

Von Carsten Boning

Mühlen. Am Tag nach dem famosen Laufspektakel, als der Regen auf den Schützenplatz prasselte und die letzten Aufräumarbeiten zu erledigen waren, blickte David Nieuwenhuizen erleichtert zurück. „Der Wettergott war mit uns, Petrus war ein Mühlener“, sagte der Geschäftsführer von GW Mühlen am Neujahrsmorgen. Tags zuvor, als der 31. Mühlener Silvesterlauf für „Sportler gegen Hunger“ über die Bühne ging, hatten sich alle meteorologischen Sorgen pünktlich verflüchtigt. Klare Luft, kaum Wind, neun Grad, kein Regen. „Viel besser geht’s ja eigentlich nicht für eine Winter-Veranstaltung, die unter freiem Himmel stattfindet“, fasste es GWM-Klubchef Ralf Kröger treffend zusammen. Auch dank der äußeren Bedingungen konnte der „SgH“-Klassiker im Reiterdorf seine unglaubliche Erfolgsgeschichte fortsetzen. Im siebten Jahr in Folge starteten über 1000 Läufer in Mühlen. Und nicht nur das: Der Rekord aus dem Vorjahr mit 1423 Teilnehmern wurde am Montagnachmittag förmlich pulverisiert. Um 14.31 Uhr gab Nieuwenhuizen via Mikrofon bekannt: „Wir haben 1509 Läufer am Start. Wir sind begeistert, ganz toll.“ Und Klubchef Kröger ergänzte mit etwas Abstand am Tag danach: „Das ist einfach überragend, das freut uns sehr. Und es ist eine Bestätigung dafür, dass es offenbar ganz schön in Mühlen ist.“

Der Silvesterlauf war abermals der krönende Abschluss des Heimatsport-Jahres. Das Motto „Das Beste zum Schluss“ wurde erneut mit Leben gefüllt. Sportler aus dem ganzen Kreis Vechta und umzu, Fußballer und Handballer, Volleyballer und Basketballer, Radsportler und Tenniscracks, waren gekommen, um 2018 sportlich ausklingen zu lassen – die einen ganz locker und entspannt, die anderen mit erstaunlichem Tempo. Jung und Alt liefen zusammen, von U 6 bis Ü 75. Und abseits der Strecke, vor allem zwischen Zielbereich und Festzelt, wurde munter geplaudert. Das SgH-Event hatte mal wieder Volksfest-Charakter – mit Bratwurst und Pommes, mit kühlem Pils und heißem Tee. Und alles in lockerer Atmosphäre und zu den rhythmischen Klängen von „Samba Laon.“

„Es ist einfach toll in Mühlen“, schwärmte Walter Koldehoff. Er muss es ja wissen: Der 65 Jahre alte Bakumer war bereits zum 29. Mal am Start und ist damit alleiniger Rekordläufer. Otto Arlinghaus (69) aus Brockdorf, der auf 28 Starts kommt, musste diesmal passen. Am Dienstagmorgen telefonierten die beiden Routiniers miteinander, über die knapp drei Jahrzehnte hat sich eine gute Freundschaft entwickelt. Koldehoff spulte die 6,5-km-Strecke in 48:06,51 Minuten ab. „Ein bisschen quälen musste ich mich schon“, sagte er. Grund: die Geburtstagsfeier der Tochter am Tag zuvor. „Ich bin ja kein Kostverächter“, meinte Koldehoff mit einem Grinsen. An Silvester 2019, bei seiner 30. Teilnahme in Mühlen, will er es noch mal über 10 km versuchen. „Das ist doch ein schönes Ziel“, meinte der Bakumer. Zweimal pro Woche läuft er zwischen fünf und zehn Kilometer, stets gefolgt von 1000 m Schwimmen.

Ein straffes Programm, aber natürlich nicht zu vergleichen mit den Cracks der Szene. In der „Königsklasse“ 10 km stürmten Andreas Bröring vom SV Kroge und Katharina Stark von BW Lohne zum Sieg; für Bröring war’s der erste 10-km-Triumph in Mühlen, für Stark bereits der vierte Sieg in Serie. Auch das ist eine neue Bestmarke beim Silvesterlauf. Vier Triumphe in Folge – das hatte vor ihr noch keine geschafft, weder Rekordsiegerin Elke Bussmann (8 Erfolge) noch Silvia Rolfes oder Jutta Hugenberg, die jeweils fünfmal vorne waren. „Das freut mich sehr, der Lauf hat ja schon einen hohen Stellenwert hier in der Region“, strahlte Katharina Stark, die vor ihrer Lohner Triathlon-Kollegin Inga Hintze sowie Ingrid Bohmann aus Damme siegte. Übrigens: Exakt diesen Zieleinlauf gab es auch vor einem Jahr. Kleiner, aber feiner Unterschied zu Silvester 2017: Katharina Stark siegte diesmal mit einem neuen Streckenrekord von 35:03,51 Minuten; ihre alte Bestmarke aus dem Jahr 2016 (35:44,70) verbesserte sie um über 40 Sekunden. „Damit hab‘ ich gar nicht gerechnet“, sagte sie im Zielraum, als sie etwas ungläubig auf ihre Stoppuhr schaute. Erste Gratulantin war Inga Hintze, die zum fünften Mal in Folge auf dem Podium landete (3./2./3./2./2.). „Im Laufen ist Kathi nicht zu schlagen. Schade, dass wir hier nicht schwimmen“, sagte sie.

Bei den Herren freute sich Andreas Bröring über seinen ersten Triumph über 10 km. Fünf Jahre nach seinem Erfolg über 6,5 km sowie nach zwei zweiten Plätzen 2016 und 2017 nutzte er die Gunst der Stunde. In Abwesenheit von Seriensieger Viktor Kuk, der diesmal parallel beim Nürnberger Silvesterlauf startete und dort in 32:09 Minuten Zweiter über 10 km wurde, stürmte er in 32:43,59 Minuten zum Sieg. „Natürlich wittert man seine Chance, wenn Viktor nicht da ist. Aber das lässt sich ja nicht planen. Mein erstes Ziel waren die Top 3“, berichtete Bröring im Ziel. Und er ergänzte: „Nach fünf, sechs Kilometern hab‘ ich zu mir gesagt: ‚Wenn du dir das jetzt noch aus der Hand nehmen lässt, bist du selbst schuld.“

Direkt hinter ihm landete ein Altmeister, ein Rückkehrer. Elmar Nyhuis vom OSC Damme feierte elf Jahre nach seinem letzten Mühlen-Start sein Comeback in der alten Heimat. Der Wahl-Kölner, der am Rhein mit seiner Frau ein Hostel betreibt, hatte 2007 in 33:46,00 Minuten gewonnen, diesmal war es Rang zwei in 32:55,43 Minuten vor Lars Rolfes (Damme). „Ich wollte aufs Podium, das war mein Ziel“, sagte der 48-Jährige. Vier Kilometer lang lief das Trio Bröring-Nyhuis-Rolfes zusammen, dann musste Rolfes als Erster etwas abreißen lassen. Später setzte sich Bröring dann von Nyhuis ab. „Andreas war zu stark“, meinte Nyhuis, der vor zwei Jahren wieder mit dem Laufen angefangen hatte – nach neunjähriger Pause. Sein Training? Er läuft täglich nach Feierabend die 15-Kilometer-Strecke vom Hostel in Köln zu seinem Wohnhaus in Brühl. Und Mühlen? „Das ist immer noch ein Highlight. Die Orga ist sensationell“, so Nyhuis. Er schwärmte vom Silvesterlauf als „Heiligtum“, als „Seele des Laufens in der Region“.

Für die Startprozedur hatten sich die Organisatoren mal wieder etwas Besonderes einfallen lassen: Jene Jugendfußballer, die im Juni 2018 beim OM-Cup für E-Junioren in Lutten erstmals den Pokal nach Mühlen geholt hatten, durften die riesige Läuferschar auf die Reise schicken. Hugo Krogmann gab die beiden Startschüsse ab – und danach liefen die Jungs auch selbst mit.
Das erstmalige Entzerren des Startbereichs durch zwei Startzeiten (14.00 Uhr für 10 km, 14.15 Uhr für 6,5 und 3 km) kam sehr gut an. „Es gab eigentlich nur positive Rückmeldungen“, so Nieuwenhuizen. Gleiches galt für die leichten Veränderungen auf der mittleren und kurzen Strecke. „Wir lassen das jetzt alles sacken und dann schauen wir mal“, meinte Nieuwenhuizen, hielt aber sofort fest: „Die 10-km-Strecke bleibt definitiv so, wie sie ist.“ Katharina Stark meinte dazu: „Das ist auch gut so. Sie muss so bleiben, das ist einfach Mühlen.“ Sprach es, und verabschiedete sich in Richtung Festzelt. Dort wurde noch bis 20.30 Uhr gefeiert, danach hatten auch die Organisatoren und die vielen Helfer Feierabend.

Bild: Ein imposantes Bild zum Jahreswechsel: Der Silvesterlauf in Mühlen mobilisierte wieder die Massen – auf der Strecke und am Rande. Foto: Schikora