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Ein Lebenswerk und ein neuer Hilferuf

Spendengala zum 40-jährigen Bestehen von „Menschen für Menschen“ / Reichlich Anerkennung für „SgH“

Von Carsten Boning

München. Fünf, vier, drei, zwei, eins – pünktlich auf die Sekunde ging es am Samstagabend los in der Muffathalle in München. Dunja Hayali, im Fernseh-Alltag Moderatorin diverser ZDF-Formate, eröffnete die Spendengala „40 Jahre Menschen für Menschen“. Verbunden mit ihrer Vorahnung, dass die geplanten 90 Minuten Sendezeit auf MagentaTV und im Internet-Live-stream „wohl nicht reichen werden“. Und so kam es dann auch im Kulturzentrum mit Wasserkraftwerk im Münchner Stadtteil Haidhausen. In bester Thomas-Gottschalk-Manier zog sich das Event in die Länge. Überhaupt kein Problem, denn es ging ja um die gute Sache, um Spenden für die Karlheinz-Böhm-Stiftung „Menschen für Menschen“ (MfM), die seit 1984 von der OV/KSB-Aktion „Sportler gegen Hunger“ unterstützt wird.

Die Ăśberlänge – am Ende dauerte der SpaĂź zwei Stunden und 20 Minuten – passte irgendwie zu den MfM-Anfängen bei „Wetten, dass …?“, dem frĂĽheren ZDF-Flaggschiff mit der XXL-Garantie. Am 16. Mai 1981 hatte Karlheinz Böhm mit seiner legendären Wette bei Frank Elstner fĂĽr Furore gesorgt. „Ich wette, dass nicht mal jeder dritte Zuschauer eine Mark, einen Franken oder sieben Schilling fĂĽr Menschen in der Sahelzone spendet“, sagte er damals. Ein Moment, der TV-Geschichte schrieb, der das Leben des Schauspielers veränderte und der die Basis fĂĽr die GrĂĽndung der Stiftung am 13. November 1981 war. Es war die Wut ĂĽber die Ungerechtigkeit zwischen Arm und Reich, die Böhm damals antrieb. Er gewann die Wette (es kamen nur 1,2 Millionen DM zusammen) – und löste sein Vorhaben trotzdem ein.

40 Jahre später wurde das Lebenswerk von Böhm noch mal im Scheinwerferlicht zelebriert – aber noch wichtiger als der runde Geburtstag der Stiftung waren die Sorgen der Gegenwart. Denn Äthiopien, der Binnenstaat am Horn von Afrika mit 115 Millionen Einwohnern, leidet. Corona ist nur eins von vielen Problemen. Ein Bürgerkrieg, der vor allem im Norden des Landes tobt, hält den Vielvölkerstaat in Atem.

Auf der kleinen Bühne in der Muffathalle war die dramatische Lage in Äthiopien ein prägendes Thema. Yilma Taye, äthiopischer Landesrepräsentant von „Menschen für Menschen“, berichtete von ersten Nothilfemaßnahmen für Geflüchtete aus den Krisengebieten in Tigray, bei denen auch der Ex-Weltklasse-Läufer und MfM-Botschafter Haile Gebreselassie die Organisation unterstützt hatte. Taye bedankte sich in München für den „großen Einsatz“ der Spender. Die Gala sei ein „Mut machendes Signal“, so Taye: „Die Menschen in Europa erheben die Stimme für uns und machen deutlich, dass sie uns zur Seite stehen.“

Berhanu Negussie, einst als Fahrer und Dolmetscher der erste Mitarbeiter von Karlheinz Böhm und später über Jahrzehnte der engste Vertraute des 2014 verstorbenen Schauspielers, berichtete unterdessen über die Anfänge der Stiftung – wie Böhm den Menschen vor Ort auf Augenhöhe begegnet sei, wie er seine Arbeit an den Bedürfnissen der Bevölkerung ausgerichtet habe. Eine Maxime, die nach wie vor von MfM gelebt wird, wie Dr. Sebastian Brandis als Vorstandssprecher der Stiftung betonte. Bis zum Ende der Gala kam eine Spendensumme von 351 540 Euro zusammen. Brandis bedankte sich „im Namen der Menschen in Äthiopien, die uns gerade mehr denn je als Partner an ihrer Seite brauchen“.

Seit 1984 ist „Sportler gegen Hunger“ ein Partner an der Seite der Stiftung. Aktuell bauen SgH und MfM ihre vierte gemeinsame Schule in Ă„thiopien. Im Projektgebiet Illu Gelan entsteht die Ijaji Higher Secondary School. Im Rahmen der TV-Gala mit knapp 200 Gästen in der Halle (unter Anwendung der 2G-Plus-Regel) bekam auch die Erfolgsstory SgH jede Menge Aufmerksamkeit und Anerkennung. Topmodel und MfM-Botschafterin Sara Nuru, selbst Sozialunternehmerin, freute sich ĂĽber die SgH-Schulbauten. „Bildung ist so wichtig“, erklärte die 32-jährige MĂĽnchnerin, die 2009 die vierte Staffel von Heidi Klums Casting-Show „Germany’s Next Topmodel“ gewonnen hatte, bei der symbolischen ScheckĂĽbergabe von SgH an MfM. Und die Tochter äthiopischer Immigranten bat die VEC-Heimatsportler um weitere UnterstĂĽtzung: „Das Land braucht diese Hilfe.“ Aus dem Rekorderlös des vergangenen SgH-Winters (306.000 Euro) hatte die Stiftung 226.000 Euro erhalten. Auch Brandis bedankte sich ausdrĂĽcklich bei der groĂźen SgH-Gemeinschaft fĂĽr die Beharrlichkeit und Kreativität in den vergangenen 37 Jahren.

Am 1. Dezember startet die 38. SgH-Saison – und das mit den besten Wünschen von Paula Caballero. „Viel Erfolg bei ihrer Arbeit. Bitte machen Sie weiter so“, erklärte die Kolumbianerin im Foyer des Künstlerhauses München. Dort war sie ein paar Stunden vor der Gala für ihren entscheidenden Beitrag zur Einführung der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele mit dem „3. Karlheinz Böhm Preis“ ausgezeichnet worden. Die Trophäe, 25 Zentimeter hoch und 20 Zentimeter breit, ist ein bronzener Baum – eine Schirmakazie aus dem Erer-Tal als Symbol für Böhms Arbeit. Im Schatten des Baumes hatte er viele Sitzungen mit afrikanischen Gemeindemitgliedern abhalten, um über ihre Nöte und Bedürfnisse zu sprechen.

Die insgesamt 17 Ziele sollen weltweit einer nachhaltigen und fairen ökonomischen, sozialen und ökologischen Entwicklung dienen. Die Vereinten Nationen bekennen sich zu ihnen und sie sind Teil der Agenda 2030. Die MfM-Arbeit in den fünf Schwerpunktbereichen Bildung, Gesundheit, Wasser/Hygiene, Einkommen und Landwirtschaft/ Ernährung unterstützt die Forderungen der Nachhaltigkeitsziele. Brandis hielt fest: „Aktuell setzen wir 13 der 17 Ziele um.“
Info: Die Aufzeichnung der Spendengala ist noch knapp eine Woche auf der MfM-Homepage abrufbar.

Bild: Die Rekordsaison 20/21 der OV/KSB-Aktion „Sportler gegen Hunger“ hat bei der Spendengala „40 Jahre Menschen fĂĽr Menschen“ in MĂĽnchen viel Anerkennung erhalten. Dr. Sebastian Brandis (rechts), Vorstandssprecher der Karlheinz-Böhm-Stiftung, und die MfM-Botschafterin Sara Nuru lobten bei der symbolischen ScheckĂĽbergabe durch SgH-Vertreter Carsten Boning den Einsatz der VEC-Sportler. Nuru, 2009 Siegerin der Show „Germany’s Next Topmodel“, freute sich besonders ĂĽber die SgH-Schulen in Ă„thiopien. Foto: Primus