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Selbst Petrus kann die SilvesterlÀufer nicht aufhalten

NĂ€chster Teilnehmerrekord: 1423 Starter beim 30. MĂŒhlener Silvesterlauf / Katharina Stark und Viktor Kuk wiederholen ihre Vorjahressiege

Von Franz-Josef Schlömer

MĂŒhlen. Was kann die unglaubliche Erfolgsgeschichte des MĂŒhlener Silvesterlaufes stoppen? Schiet-Wetter? Keine Chance. Tagelange regnete es im Vorfeld, kĂŒbelweise ergoss sich in der Nacht auf Neujahr das Wasser ĂŒber den Landkreis. Und trotzdem feierte der Silvesterlauf einen neuen Teilnehmerrekord: Im sechsten Jahr hintereinander starteten ĂŒber 1000 LĂ€ufer in MĂŒhlen, jetzt wurde der Rekord des Vorjahres von 1371 Teilnehmern um weitere 53 auf die Bestmarke von 1423 LĂ€ufern geschraubt. „Wir sind begeistert, damit haben wir bei dem Wetter ĂŒberhaupt nicht gerettet. Unsere LĂ€ufer bereiten uns wirklich sehr viel Freude“, strahlte MĂŒhlens Vereinsvorsitzender Ralf Kröger noch am Neujahrstag.

Der Dauerregen hatte vor allem den Feldweg bei der Rennbahn zugesetzt. Nach dem Abholen der Startunterlagen fuhren einige morgens sogar diese belasteten Straßen mit Autos ab. Einer stieg sogar aus und beschwerte sich ĂŒber die „Scheißstrecke“. Der trockene Konter eines Helfers aus dem A-Team: „Mit deiner Fahrt hier wird’s nicht besser.“ Die MĂ€nner vom bewĂ€hrten Team fĂŒr Aufbau und Abbau hatten den GrĂŒn-Weiß-Vorstand noch tags zuvor mit einem Zahlenkranz „30“ inklusive Lichterkette ĂŒberrascht, den sie nach einem Marsch durch den Ort oben auf Start und Ziel verschraubten – natĂŒrlich im strömenden Regen.

Der wohltuende Lichtblick, den Petrus diesem runden Silvesterlauf gönnte, war eine regenlose Zeit unmittelbar rund um den Lauf. Die Aktiven, an Wind und Wetter gewöhnt, nahmen es sowieso hin, wie es halt kommt. „NatĂŒrlich war es im mittleren Teil schwer zu laufen. Ich hatte am Anfang ein sehr gutes GefĂŒhl, doch dann habe ich zu viele Meter verloren, der Wind kam noch dazu. Zum Schluss konnte ich noch drĂŒcken, aber die Bestzeit war weg“, sagte Viktor Kuk, der bei seinem vierten Silvesterlaufsieg ĂŒber die 10 Kilometer in 29:48 Minuten seinen vier Jahre alten Streckenrekord (29:42) nur um sechs Sekunden verfehlte. „Ja, doch, ich kann hier noch ein paar Jahre laufen“, schmunzelte der Dammer, den Streckenrekord fĂŒr die nĂ€chsten Jahre im Blick.

Ähnlich sah es Katharina Stark (Lohne), die ihren Vorjahressieg ĂŒber die 10-km-Distanz wiederholte, aber in 36:17 min ebenso knapp an ihrem Vorjahresrekord (35:44) vorbeischrammte. „Die Strecke war von den VerhĂ€ltnissen her schwierig, der Wind kam dazu. Ich hatte aber GlĂŒck, dass ich immer eine Gruppe MĂ€nner um mich herum hatte“, erzĂ€hlte Kathi Stark. Und ihr Freund habe bei Kilometer vier die MĂ€nner aufgefordert, auch mal im Wind zu laufen. Und zum Silvesterlauf an sich hielt sie fest: „Ich hĂ€tte nicht damit gerechnet, dass bei diesem Wetter so viele Leute kommen. MĂŒhlen gehört einfach dazu, da muss man hin.“

In der „Königsklasse „10 km“ gewann die Lohner Triathletin vor ihrer Teamkollegin Inga Hintze und Ingrid Bohmann aus Damme, die vor 26 (!) Jahren in MĂŒhlen gewonnen hatte – damals in 41:36 Minuten; ĂŒber ein Vierteljahrhundert spĂ€ter lief sie in 39:14 Minuten sogar ĂŒber zweieinhalb Minuten schneller.

Bei den Herren standen hinter Viktor Kuk noch seine stĂ€ndigen Widersacher Andreas Bröring (Kroge) und Stefan Fangmann (Lohne) auf dem Podest. Als einer der ersten Nicht-Laufspezialisten kam Lohnes Fußballer Christian Bröring ins Ziel, als Zwölfter in 36:41 Minuten vier PlĂ€tze und fast eine Minute besser als im Vorjahr. „Ich bin diesmal weiter vorne gestartet und wollte mich von keinem ĂŒberholen lassen, das hat geklappt“, freute sich der 31-JĂ€hrige. Der Landesliga-KapitĂ€n von BW Lohne habe, so Klubchef Christian Tölke, noch viele Fußballer fĂŒr eine besondere Aktion des Vereins motiviert – unter dem Motto „Schlag den Jehle“ liefen die Blau-Weißen mit blauen SdJ-MĂŒtzen auf, um den sich im Ski-Urlaub befindenden GeschĂ€ftsfĂŒhrer Torsten Jehle zu schlagen, der Anfang Dezember 55:04 Minuten vorgelegt hatte. Pro Kilometer eines SdJ-LĂ€ufers gibt es einen zusĂ€tzlichen Euro als Spendensumme. „53 Leute haben sich ĂŒber uns angemeldet, zehn oder zwölf so dazu. Wir wollten das fĂŒr uns als Verein als gemeinsamen Jahresabschluss machen, das ist super gelaufen“, hielt Christian Tölke fest. Er selbst erhielt nach dem Lauf nicht die schwarze SdJ-SiegermĂŒtze, da er Jehles Zeit nicht knackte. Warum? „Vielleicht zu viel Gewicht, vielleicht einfach zu langsam.“

Letztlich zĂ€hlte wie immer beim Silvesterlauf die individuelle Freude ĂŒber persönliche Bestleistungen oder nur Erlebnisse. Wie bei RekordlĂ€ufer Otto Arlinghaus, der zusammen mit dem Bakumer Walter Koldehoff jetzt auf 28 Teilnahmen kommt. „Es war wieder absolute Spitze“, strahlte der 68-jĂ€hrige Brockdorfer. Und er machte auf der 6,5-km-Strecke eine ganz neue Erfahrung: „Es ist das erste Mal in 28 Jahren, das ich vor der Bahn halten musste.“ Warum? „Es kam ein Zug.“ Oder doch selbst etwas langsamer geworden? „FrĂŒher war die Zeit fĂŒr mich wichtig, heute zĂ€hlt nur noch das Mitmachen.“

Ihr SilberjubilĂ€um feierte Steinfelds Karnevalsprinzessin Beate Kuhlmann. Ihre Zwillingsschwester Andrea Bokern, selbst 20 Mal am Start, hĂ€ngte ihr im Ziel die Zahl „25“ um den Hals, Freundin Petra Giese steckte ihr eine Silberkrone ins Haar und deren Zwillingsschwester Elke Schlarmann ĂŒberreichte einen Blumenstrauß. 25 Teilnahmen: „Zwischendurch habe ich noch drei Kinder gekriegt, da kannst du drei Jahre abziehen“, lachte Beate Kuhlmann. WĂ€ren also 28 Teilnahmen drin gewesen? „Ach was, RekordlĂ€uferin bin ich auch so.“

Apropos SilberjubilÀum: Auch die Dinklager Wanderfreunde liefen zum 25. Mal mit ihrer Gruppe auf. Der Silvesterlauf ist auch ein Silvestermarsch, denn zur Rekordzahl an LÀufern gesellten sich zusÀtzlich wieder um die 200 Wanderer.

Viermal zum Einsatz kam diesmal auch der Malteser Hilfsdienst; am Ende gab es aber am Silvesterabend in allen FĂ€llen glĂŒcklicherweise Entwarnung.

Erfreulich fĂŒr einen Tag, den die Musiker von Samba Laon schwungvoll begleiteten und den ProthesenlĂ€ufer Thomas Wedig mit dem Startschuss in Bewegung gesetzt hatte. „Haut rein, kommt gesund wieder. Passt aufeinander auf, nehmt RĂŒcksicht und habt vor allem Spaß“, rief er den LĂ€ufern zu. Und als die LĂ€uferschlange vor seiner BĂŒhne auf dem Lkw-HĂ€nger nicht abriss, meint Thomas Wedig nur: „Es nimmt kein Ende. Der Erste kommt ja gleich schon wieder.“ Die unglaubliche Erfolgsgeschichte des MĂŒhlener Silvesterlaufes kann keiner stoppen, nicht mal Petrus mit seinem Schiet-Wetter.

Bild: Kein Ende der LĂ€uferschar in Sicht: Minutenlang dauerte es, bis alle LĂ€ufer auf der Strecke waren. Foto: Elke Schikora