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Weihnachtssingen begeistert ĂĽber 2000 Menschen

Wahnsinn mit den Basketballern und dem Bläserkreis kennt keine Grenzen / Alle Helfer haben ihren Spaß am hoch konzentrierten Stress

Von Franz-Josef Schlömer

Lohne. Alle Wege, so sagt man, führen nach Rom, in die heilige Stadt. Alle Jahre wieder. Aber am Abend vor Heiligabend führen zumindest in Lohne alle Wege zum Marktplatz – alle Jahre wieder. Wenn um 18.00 Uhr zum Weihnachtssingen geläutet wird, strömen die Lohner aus allen Straßen, Ecken und Winkeln in das Herz der Stadt, das dann so pulsierend schlägt wie nie.

Wer aber am 23. Dezember 2017 um Punkt 18.00 Uhr noch auf den Marktplatz wollte, hatte kaum eine Chance, auch nur in die Nähe der Bühne vor dem Haus Uptmoor durchzukommen. Dicht an dicht standen die Menschen, von der Bühne nicht nur bis zum Brunnen, sondern noch weit dahinter – bis zum großen Weihnachtsbaum, bis zum Heinz. „Wahnsinn, das waren locker über 2000 Leute“, sagt Mitorganisator Jörg Zerhusen geradezu fassungslos zum Treiben auf den Marktplatz. Es blieb kaum Platz, den wundersam durchgesteckten Glühwein unfallfrei zum Mund zu führen. Auch die OV-Fotografin streckte die Waffen und legte ihre Kamera zur Seite: Kein Platz in der Masse der Menschen, um Nahaufnahmen von Weihnachtssängern machen zu können.

Wohl denen, die beim 29. Loh᠆ner Weihnachtssingen für „Sportler gegen Hunger“ frühzeitig kamen, was sonst eher nie der Fall war. „Sonst dachtest du um fünf vor sechs immer, lassen die Lohner uns heute im Stich. Jetzt standen um halb sechs schon Hunderte auf dem Platz“, merkt Jörg Zerhusen an.

Horst „Hottea“ Kamphaus, der wie immer den Taktstock des Hobbychores aus Basketballern und Freunden schwang, erinnerte in seinen kurzen Grußworten an die Anfänge vor fast drei Jahrzehnten, als BWL-Basketballer Johnny Nordlohne den Anstoß gab, etwas für „Sportler gegen Hunger“ zu machen, und die seltsame Idee einwarf, einfach in die Stadt zu gehen und Weihnachtslieder für die Leute zu singen. „So einfach wie früher ist es heute nicht mehr“, erzählte Kamphaus und bedankte sich ausdrücklich bei Reinhard Menke und der Firma Road Sound, die den gesamten Marktplatz mit Lautsprechern beschallen, damit von der ersten bis zur letzten Reihe alle die Weihnachtslieder hören können. „Das macht viel aus, Road Sound hat hohe Ansprüche“, sagt der Chefdirigent.

Was für seine Sänger nur bedingt gilt. „Das soll ja nichts Professionelles sein. Wir treffen uns ja nicht mit dem Bläserkreis, der uns seit vielen Jahren begleitet. Wir Sänger üben ja nie, da treten eben kleine Pannen auf. Aber es ist ja immer das gleiche Programm. Und es funktioniert immer gut so mit dem Improvisieren“, meint Horst Kamphaus. So hatten sich die stimmkräftigeren Männer des Chores, vermutlich von der Wucht der Menschenmassen beeindruckt, auf der Bühne etwas nach hinten verkrochen und mussten von Kamp᠆haus näher an die Mikrofone dirigiert werden, von denen sie anfangs über zwei Meter entfernt standen.

Mit dem getragenen „Tochter Zion, freue dich“ eröffnete der Bläserkreis der Musikschule mit Dirigent Fritz Winkler das Weihnachtssingen. Besinnliche Lieder wie „Stille Nacht“ wechselten sich mit beschwingteren Klängen wie „In der Weihnachtsbäckerei“ oder „Jingle Bells“ ab, zum Finale erklang traditionell „Heal the World“, dazu kam als Zugabe noch „Fröhliche Weihnacht überall“. Ein kompaktes, knackiges und stimmungsvolles Programm. „Eine Stunde, das reicht“, sagt Kamphaus. Denn das Weihnachtssingen ist mehr als nur singen, sondern vor allem auch treffen, schnacken, klönen und aufs Fest anstoßen – das alles in friedlicher, besinnlicher Atmosphäre.

Ein leichtes Spiel – abgesehen vom schweren Durchkämpfen in der Menschenmenge – hatten die vier Spendensammler „Posse“ Zerhusen, Andi Batke, Magnus Zubrägel und Thorsten Jehle. „Die Spendenbereitschaft war sehr, sehr hoch. Jeder weiß inzwischen ja auch, wofür es ist“, sagt Zerhusen. „Die Leute warten förmlich drauf, dass die Jungs mit den Spendendosen kommen“, ergänzt Kamphaus. Ohnehin können sich die Weihnachtssänger auf einen Stamm von 25 bis 30 Helfern verlassen. Nochmal Kamphaus: „Wir haben Topleute, das klappt alles hervorragend. Es ist ja schon eine Menge Volk, das wir da innerhalb kürzester Zeit mit freiwilligen Helfern versorgen. Wir sind ja alles keine Profis.“

Hoch konzentrierter Stress für alle. Gegen 21.00 Uhr löste sich das Treiben so langsam auf, um 22.00 Uhr begannen die Helfer mit dem Abbau, um 22.30 Uhr machten sie einen Haken unter das Lohner Weihnachtssingen. „Wir haben alles super hinter uns gebracht. Und alle waren zufrieden und hatten ihren Spaß daran“, berichtet Horst Kamp᠆haus von der Abschlussrunde mit allen Helfern. Und Jörg Zerhusen meinte nur: „Das ist die geilste Veranstaltung überhaupt, die es in Lohne gibt.“ Alle Jahre wieder, wenn alle Wege in Lohne zum Marktplatz führen.

Bild: Weihnachtssänger, so weit das Auge reicht: Das Lohner Weihnachtssingen lockt von Jahr zu Jahr immer mehr Menschen auf den Marktplatz. Foto: Schikora