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TVD nimmt Glücksgefühle mit in den Abstiegskampf

Nachlese zum 34. OV-Supercup: GW Mühlen zwischen Frust und Stolz, zwischen Neunmeter-Pech und Gänsehaut-Momenten

Von Carsten Boning

Vechta. David Riesner hatte so eine gewisse Vorahnung. „Ich glaub‘, Dinklage oder Mühlen packen’s heute“, sagte der Trainer des Fußball-Landesligisten BW Lohne am Freitagabend um kurz nach 18.00 Uhr, als sich die acht Teams beim 34. OV-Supercup für eine kleine Eröffnungszeremonie formierten. Gut vier Stunden später stand der finale Showdown eines farbenfrohen und stimmungsvollen Hallenfußballspektakels an. Das große Endspiel beim Budenzauber für „Sportler gegen Hunger“ im Rasta-Dome in Vechta – und mit dabei: der TV Dinklage und GW Mühlen, Riesners Ex-Klubs als Trainer bzw. Spieler.

Die beiden Landesligisten lieferten sich ein Duell auf Augenhöhe, das nach einem packenden 2:2 nach zwölf Minuten erst im Neunmeterschießen entschieden wurde. Mit dem besseren Ende für den TVD. Zwei Treffer von Michael Bockhorst und Thomas Wulfing, eine starke Parade von Tim Kröger, dazu ein GWM-Pfostenschuss – fertig war der zweite Dinklager OV-Supercup-Triumph nach 2015.

Danach gab’s in Block F kein Halten mehr, die Dinklager Fans lagen sich in den Armen, und auch die Spieler waren aus dem Häuschen. Rot-blaue Glückseligkeit kurz vor Weihnachten, für ein paar Stunden waren die Sorgen des Liga-Alltags ganz weit weg. „Ein toller Moment für die Jungs und den Verein“, erklärte TVD-Trainer Steffen Bury nach dem Coup an der Pariser Straße. Und er ergänzte: „Ich hoffe sehr, dass wir den Schwung dieses Erfolges mit in die Vorbereitung und die Rückserie nehmen.“

Der TVD, der in der Liga auf einem Abstiegsplatz überwintert, hatte in einem hochklassigen Halbfinale, eines der spektakulärsten Semifinals der jüngeren Turnierhistorie, einen 4:3-Sieg gegen Rekordchampion BW Lohne gefeiert. „Ab dem Halbfinale ist es ja immer ein schmaler Grat. Ein bisschen Glück war dabei, aber insgesamt war unser Turniersieg nicht unverdient“, meinte Bury und stimmte nach seinem ersten OV-Supercup noch ein Loblied auf das SgH-Event an: „Ein ganz tolles Turnier, das seinesgleichen sucht.“ Sprach es und kehrte in den allgemeinen TVD-Partytrubel zurück.

Die Dinklager hatten nicht nur die üppige Siegertrophäe abgeräumt, auch drei Einzeltrophäen gingen an den TVD. Goalgetter Felix Schmiederer war mit vier Treffern der beste Torschütze des Abends. Für ihn war’s eine Art Titelverteidigung; vor zwölf Monaten war er gleichauf mit Teamkollege Chris Neteler und Lohnes Alper Yilmaz die Nummer eins, diesmal erhielt er als einziger Torjäger die Trophäe aus den Händen des langjährigen Turniersponsors Ralf Böckmann.

Schmiederer wurde zudem von den Trainern und einer NFV-Jury zum „Besten Spieler des Turniers“ gekürt. Der Pokal für das „Tor des Tages“ ging unterdessen an Schmiederers Teamkollegen Thomas Wulfing. Sein 2:0 im Halbfinale gegen Lohne, ein famoser Knaller genau in den Winkel, war eine Augenweide. „Ab dem Halbfinale haben wir gemerkt, dass was möglich ist“, sagte Schmiederer. Die Vorrunde mit einem 1:0 gegen Lüsche sowie zwei Remis gegen Oythe (0:0) und Steinfeld (2:2) bezeichnete er offen als „etwas holprig“. Aber dann ging’s so richtig ab. Und ähnlich wie Coach Bury meinte der Goalgetter: „Ich hoffe, dass uns der Erfolg weiter zusammenschweißt. Wir brauchen wieder eine starke Rückrunde.“

Mühlens Traum vom zweiten Titel nach 1993 platzte im Neunmeterschießen – so wie 2010 gegen Lohne, so wie vor zwei Jahren gegen Damme. „Schade, wieder nicht“, sagte Mühlens Keeper Maurice Planteur, der zum dritten Mal nach 2007 (für den VfL Oythe) und 2016 zum „Besten Torwart des Turniers“ gewählt wurde. Kurios: In allen drei Jahren verlor Planteur das Finale. Sein Trainer Ingo Soremba wollte nicht lange hadern, er war stolz auf das Erreichte: „Alles gut, ein toller Abend.“ Er ärgerte sich nur über die beiden Gegentreffer im Finale, die jeweils nach einer Ecke fielen. Aber auch das hakte er schnell ab und lenkte den Blick auf die Fans der Grün-Weißen: „Der absolute Wahnsinn, sie haben für Gänsehaut-Momente gesorgt.“ In der Tat: Die Mühlener Choreografien – das XXL-Banner „Auf dem Weg zum Heiligen Gral“ sowie die grün-weißen Regencapes – waren großartig und Teil eines bunten Abends für SgH.

Auch Rasta Vechtas Basketball-Profis Josh Young, Philipp Herkenhoff, Luc van Slooten und T.J. Bray, die sich für einige Partien unters Fußball-Volk gemischt hatten, waren von der Champions League des Heimatsports angetan. „Krass, was hier abgeht“, sagte Herkenhoff mit Blick auf die mit 2310 Zuschauern erneut restlos ausverkaufte Arena. Teilweise kochte die Stimmung regelrecht hoch – und einmal über. Das Finale musste für mehrere Minuten unterbrochen werden, weil nach dem 1:0 des TVD eine handvoll gefüllte Bierbecher aus dem Dinklager Fanblock aufs Spielfeld geworfen wurden. Team und Vorstand entschuldigten sich nach Turnierende für dieses Fehlverhalten und kündigten eine SgH-Sonderspende von 150 Euro an.

Titelverteidiger VfL Oythe musste ebenso wie Lohne im Halbfinale die Segel streichen. „Ich bin nicht zufrieden. Wir haben zwar das Halbfinale erreicht, aber der Motor hat ganz schön gestottert“, sagte Paul Jaschke, Coach des Oberligisten: „Spielerisch war’s nicht auf dem Niveau, das unser Anspruch ist.“ Nach zwei Remis gegen Steinfeld (1:1) und Dinklage (0:0) sowie einem 4:0 gegen Lüsche kam das Aus per 0:3 gegen Mühlen. „Kompliment an die Mühlener, sie haben es gut gemacht“, sagte Jaschke. Sein Lohner Kollege David Riesner meinte indes zum BWL-Abschneiden: „Wir haben heute zu viel verballert.“ Lohnes Warten auf den 14. Triumph, auf den ersten Turniersieg seit 2010, geht damit weiter.

Während die Oyther mit fünf Punkten Gruppensieger wurden, schied der SV Holdorf in der Parallelgruppe mit sechs Punkten aus. Zwei Siege und dann nicht im Halbfinale – das gab’s beim OV-Supercup noch nie. Eine bittere Premiere für die Holdorfer, denen ein finales 0:1 gegen Mühlen zum Verhängnis wurde.

Bild: Jubel beim TV Dinklage: Felix Schmiederer (links) und Co. feiern einen Treffer im finalen Neunmeterschießen. Foto: Elke Schikora